Dorthin, wo Europa endet...

17.04.2014 CJD Christophorusschulen Berchtesgaden « zur Übersicht

...und sogar darüber hinaus. Das war ein Leitmotiv der diesjährigen Oberstufenexkursion der Fachschaft Spanisch am Gymnasium der CJD Christophorusschulen Berchtesgaden.

Am südwestlichen Rand Europas befindet sich die wohl älteste Stadtgründung unseres Kontinents – das spanische Cádiz, einst das phönizische Gadir. Deswegen bezeichnen sich die Bewohner dieser Stadt bis heute als Gaditanos und sind stolz auf ihre Geschichte, die von so vielen wechselnden Einflüssen geprägt wurde und wird. Im wunderschönen Museo de Cádiz, das wir trotz aktueller Wirtschaftskrise als Besucher noch immer gratis erleben dürfen, werden uns all die Kulturen erklärt, die wir zum Teil schon selbst in unseren ersten Tagen wahrgenommen hatten: Neben den Phöniziern, welche auch die afrikanische Schwesterstadt Karthago gegründet hatten, sind dies die Römer, die arabischen Mauren und die mittelalterlichen christlichen Rückeroberer. Die wunderschöne Lage von Cádiz auf einer Halbinsel, die am Rande einer Bucht in den Atlantik hinausragt, hat einfach schon von jeher Menschen fasziniert. Da stellt unsere, aufgrund von Terminüberschneidungen leicht dezimierte Gruppe keine Ausnahme dar. Unsere Eindrücke der ersten Tage sind eine einzige Bestätigung des Mottos von Cádiz – La ciudad que sonríe, die Stadt, die uns mehr als nur ein Lächeln schenkt. Eingeflogen über Jerez de la Frontera haben wir die golfenden Rentner schnell hinter uns gelassen und erleben Erkundungsfahrten im offenen Doppeldecker entlang der Strandpromenade, Führungen von Rafael durch die verwinkelten Altstadtgassen und von María entlang der träumenden Fässer der berühmten Sherry-BodegaOsborne, die zum Teil vor über 100 Jahren das letzte Mal bewegt wurden. Alles in wunderbarem

Spanisch, claro, denn zum Üben sind wir ja auch hier. Aber das geht ohnehin ganz von selbst, sei es beim Bummeln im Mercado Central, dem großen Stadtmarkt, in den unzähligen Geschäften und Cafés der Altstadt oder bei Flamencoabenden im Kulturzentrum beziehungsweise in der kleinen Bar um die Ecke, wo mal eben María del Mar, eine andalusische Flamencoberühmtheit, anlässlich ihrer neuen CD ein kleines, akustisches „Wohnzimmerkonzert“ gibt – und wir als deutsche „Ehrengäste“ von ihr auch noch persönlich begrüßt werden. Unter uns: Ihre CD Una Gaditana en Bollywood ist wirklich toll, sovielBegeisterung muss sein!Übrigens sind gerade diese Abende eindringlich geprägt

vom besonderen Lebensgefühl der Gitanos, wie sich Zigeuner (in Spanien ist dieser Begriff unbelasteter als bei uns) hier nennen. Der Flamenco der Gitanos, sei er getanzt, geklatscht, gespielt oder gesungen, verkörpert den Stolz auf ihre Identität und eine Lebensfreude, die auch den Schmerz nicht ausschließt. Für uns wunderschöne und sehr intensive (Hör-)Erlebnisse. Da fällt es schwer sich loszureißen, doch Tagesausflüge nach Sevilla, der wunderschönen andalusischen Hauptstadt, und an die einsamen Strände der Costa de la Luz, der Küste des Lichts, müssen neben vielen anderen Unternehmungen einfach sein. Dabei kommen wir übrigens auch am Cabo de Trafalgar vorbei – genau, schon wieder Geschichtliches, denn ebenda besiegte Lord Nelson 1588 die eigentlich überlegene spanische Armada – hier wurde sozusagen Londons Trafalgar Square „erfunden“. Und dann erwartet uns ein letzter Höhepunkt – wir überqueren bei Tagesanbruch mit der Fähre die Meerenge von Gibraltar und lassen uns einen Tag lang von der unglaublich schönen Altstadt Tetouans, am Rande des marokkanischen Rif-Gebirges, verzaubern. Verstärkt durch Mitreisende u.a. aus Venezuela erleben wir die verwinkelte Medina, das geschäftige Treiben am Souk, stellen fest, dass nicht nur Couscous hervorragend schmeckt, treffen den Vorstand der kleinen jüdischen Gemeinde Tetouans oder lassen uns vom Apotheker Said in die Facetten der hiesigen Berber-Medizin einführen. Und treiben weiter durch das Gewirr kleiner und kleinster Gassen, fühlen uns wie in einem Zeitfenster, das uns mitten hinein ins arabische Mittelalter geführt hat. Der Rückweg hingegen führt wieder über das bekanntere Tanger, in dem es sicher auch viel zu entdecken gibt, doch schier erschlagen nutzen wir die freien Momente bis zur Abfahrt des Schiffes vor allem, um am Platz vor der Kasbah noch einmal die Momente des Tages auf einer Bank Revue passieren zu lassen, marokkanisches Gebäck zu knabbern und der afrikanischen Dämmerung entgegenzuträumen. Und anders als die meisten Subsaharianos, also Flüchtlinge von jenseits der Sahara, die sich auch an diesem Platz in kleinen Gruppen auffällig-unauffällig aufhalten und von denen viele ihr Leben riskieren um das vermeintliche Paradies Europa zu erreichen, haben wir dank unseres Reisepasses keine Probleme auf die Fähre und zurück ins spanische Tarifa zu gelangen. Der Sonnenuntergang auf der Fähre, irgendwo dort, wo sich Mittelmeer und Atlantik begegnen, ist der Schlusspunkt vieler intensiver Momente dieser Reise. Und man wird sich bewusst, dass Glück und Schmerz, Freude und Wehmut wirklich zusammengehören – so wie im Flamenco.